Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. In den vergangenen Jahren hatte sich EZB-Präsident Mario Draghi den fast schon legendären Ruf erworben, die Kapitalmärkte allein mit der Kraft seiner Worte in die gewünschte Richtung lenken zu können. Damit ist es seit gestern vorbei. Die geringer als erwartet ausgefallene Lockerung der EZB-Geldpolitik schickte die Kapitalmärkte in den Keller.
Der Gerechtigkeit halber wollen wir nicht unterschlagen, dass die Europäische Zentralbank gestern sehr wohl den Expansionsgrad ihrer Geldpolitik erhöht hat. Die Verlängerung des Anleihekaufprogramms bis mindestens März 2017 (bisher September 2016) bedeutet eine Steigerung der Ankaufsumme von 1,14 auf immerhin 1,5 Billionen Euro. Zudem erweitert die EZB das Spektrum der zum Kauf zugelassenen Anleihen auf Schuldtitel lokaler und regionaler Gebietskörperschaften und reinvestiert bei Endfälligkeit die aus den Wertpapierankäufen resultierenden Erlöse. Darüber hinaus senkt sie den Einlagesatz, zu dem Banken ihre Überschussliquidität bei ihr parken können, um 10 Basispunkte auf -0,3 %.
Im Vergleich zu den Anleihekaufprogrammen der amerikanischen und britischen Notenbank, sind die Maßnahmen der EZB aber immer noch moderat. Selbst mit der gestrigen Ausweitung wird sich die Gesamtsumme auf „nur“ rund 15 % des Bruttoinlandprodukts der Eurozone addieren. Die QE-Programme der Fed bzw. der Bank of England summierten sich dagegen auf rund 25 % des jeweiligen BIP.
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Die Enttäuschung an den Kapitalmärkten war beträchtlich und die Bewegungen heftig, die die vermeintliche Zurückhaltung der EZB auslöste. Der Euro erholte sich gegenüber dem US-Dollar binnen weniger Minuten von 1,056 auf 1,095. Der DAX fiel von seinem gestrigen Tageshoch von 11.315 Punkten auf ein Tagestief von 10.656 Zählern und die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen stieg von 0,47 auf 0,70 Prozent.
Man mag nun trefflich darüber spekulieren, was die EZB veranlasste, nach den vollmundigen Ankündigungen im Vorfeld der gestrigen Ratssitzung den Expansionsgrad nur moderat zu erhöhen. Waren es die geldpolitischen Falken um den Bundesbankchef Jens Weidmann, die eine erheblichere Ausweitung des Anleihekaufprogramms verhinderten? War es die Rücksichtnahme auf die amerikanische Notenbank, die jüngst die Märkte auf eine US-Zinserhöhung im Dezember vorbereitet hatte, in dessen Anbetracht man ein zu starkes Auseinanderlaufen der Geldpolitik verhindern wollte? Waren es schlicht die bisherigen Erfolge (aus EZB-Sicht) der lockeren Geldpolitik, die eine etwas abwartendere Haltung angemessen erscheinen ließen? Vermutlich von allem etwas. Vielleicht wäre die EZB in Zukunft gut beraten, weniger zu reden und mehr zu handeln.
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Sehr solider US-Arbeitsmarktbericht für den November
Mit einem Stellenzuwachs von 211.000 Jobs außerhalb des Agrarsektors gab der amerikanische Arbeitsmarkt im November erneut ein robustes Bild ab. Zusätzlich wurden die Oktoberzahlen um knapp 30.000 Stellen nach oben revidiert. Die Arbeitslosenquote blieb bei 5,0 %, und die Stundenlöhne stiegen gegenüber Oktober um 0,2 %. Beides lag im Rahmen der Erwartungen.
Damit scheint die Ampel für eine erste Zinserhöhung in den USA am 16. Dezember endgültig auf Grün gesprungen zu sein.
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Wochentief | Wochenhoch | Kurs aktuell (17:22 Uhr) | |
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DAX | 10.659 | 11.426 | 10.780 |
Euro Stoxx 50 | 3.299 | 3.523 | 3.338 |
S&P 500 | 2.043 | 2.104 | 2.076 |