Mit großer Spannung blickte die Finanzwelt am Donnerstag nach Amerika. Nach zweitägiger Beratung der Notenbanker verkündete Fed-Chefin Janet Yellen gestern um 20 Uhr MEZ, dass der US-Leitzins bei 0,00 Prozent bis 0,25 Prozent bleibt.
Wir hatten mit einem ersten Zinsschritt gerechnet. Die Fed war wohl knapp davor, hielt aber still. Was waren und sind die Beweggründe für das Hinauszögern der ersten Normalisierung der Zinspolitik?
Die Fed agierte gestern als internationale Notenbank, die die weltweite Entwicklung berücksichtigt. Die Sorgen vor einer stärkeren Konjunkturabkühlung in China und den Schwellenländern standen im Raum. Sie will noch etwas abwarten, um zu sehen, ob die zuletzt schwächere globale Konjunktur einen spürbaren Einfluss auf den amerikanischen Binnenmarkt hat. Ein weiterer Beweggrund für das Abwarten: die jüngsten Turbulenzen an den Kapitalmärkten. Auch durch sie befürchtet die US-Notenbank eine negative Rückkopplung auf die Konjunktur.
Aktuell sind mögliche Auswirkungen noch unklar. Der Arbeitsmarkt ist in guter Verfassung. Mit einer Arbeitslosenquote von 5 % nähern sich die USA der faktischen Vollbeschäftigung. Die Fed hat ihre Projektion des Wirtschaftswachstums für 2015 von 1,8–2,0 % auf 2,0–2,3 % erhöht und für 2016 von 2,4–2,7 % auf 2,2–2,6 % gesenkt. Das Betrachten allein dieser inneramerikanischen Daten hätte wohl die Zinswende ausgelöst.
Die Unsicherheit an den Finanzmärkten wird vermutlich anhalten
Das Hinauszögern der Zinsentscheidung durch die US-Notenbank ist Wasser auf die Mühlen der Konjunkturskeptiker. Wurde die schwächere Entwicklung in China und den Schwellenländern bisher unterschätzt? Zumindest treiben diese Sorgen die Fed-Mitglieder um. Eine Zinserhöhung hätte für die Märkte vermutlich mehr Sicherheit gebracht. Aber ganz klar, die Fed will sich unter keinen Umständen der Kritik aussetzen, zu früh und in einem unsicheren Umfeld die Geldpolitik gestrafft zu haben.
Nun darf im Vorfeld der nächsten Fed-Meetings im Oktober und Dezember wieder kräftig diskutiert werden, welchen Weg die Notenbank einschlagen wird.
Vor allem die europäischen Aktienmärkte gaben uns heute wieder eine Kostprobe, wie wenig den Investoren die anhaltende Unsicherheit bis Angst vor einer globalen Konjunkturabschwächung schmeckt. DAX und Euro Stoxx 50 ließen im heutigen Handelsverlauf kräftig Federn und büßten seit gestern rund 3 % ein. Deutlich gelassener gehen die US-Märkte mit der Situation um. Dort beläuft sich der Rückgang seit gestern auf überschaubare rund 1 % im S&P 500.
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Wochentief | Wochenhoch | Kurs aktuell (19:10 Uhr) | |
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DAX | 9.873 | 10.332 | 9.915 |
Euro Stoxx 50 | 3.143 | 3.367 | 3.157 |
S&P 500 | 1.948 | 2.018 | 1.965 |
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Noch keine Entwarnung für die Aktienmärkte in den Schwellenländern
Die Aktienmärkte der Schwellenländer zeigen noch keine eindeutige Tendenz. Die Wachstumssorgen und die nun weiter herrschende Ungewissheit in Sachen amerikanische Notenbankpolitik werden wohl einen schnellen Dreh der Kurse nach oben bremsen.