Die Fed hat ihren Leitzinszielkorridor am Mittwoch um weitere 25 Basispunkte auf nun 1,50 bis 1,75 % gesenkt. Begründet wurde der Zinsschritt vor allem mit der außenwirtschaftlichen Flanke aufgrund nach wie vor ungelöster externer Konjunkturrisiken, dem unverändert niedrigen Inflationsdruck und den zuletzt gefallenen Inflationserwartungen. Esther George und Eric Rosengren sahen das jedoch anders, sie stimmten erneut für einen unveränderten Leitzins. James Bullard, der im September noch für einen 50er-Schritt plädierte, schloss sich jetzt der Mehrheit an. Im September hatte die Fed noch in Aussicht gestellt, so zu handeln, wie es zur Fortsetzung der Wachstumsphase nötig sei. Dieser Satz wurde in der Presseerklärung jetzt gestrichen. Stattdessen sollen nun die Rückwirkungen der weiteren Daten auf den Konjunkturausblick analysiert werden, um den weiteren Leitzinspfad festzulegen. Auf der Pressekonferenz bezeichnete Fed-Chef Jerome Powell den derzeitigen geldpolitischen Kurs als angemessen, solange die Konjunkturdaten keine wesentliche Änderung des Wirtschaftsausblicks erzwingen. Damit signalisiert die Fed wohl eine Zinspause.
Weltbild – Update per Oktober 2019
Zu jedem Quartalsbeginn liefern wir Ihnen seit Januar 2013 ein komprimiertes Update über unser “Bild von dieser Welt” und die Schlussfolgerungen, die wir daraus ziehen.
Amerika: Rezessionsängste teilen wir nicht
Im Verlauf des Septembers wurde die Inversion am amerikanischen Rentenmarkt (die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen minus der Rendite 2-jähriger und kürzer laufender Staatsanleihen < 0) sehr ausführlich thematisiert. In der Vergangenheit war diese Situation mit hoher Treffsicherheit ein ausgezeichneter Rezessionsindikator. Wir sehen den Wirtschaftsverlauf in Amerika in 2020 nicht in den rezessiven Bereich abrutschen. Es mag sein, dass die anhaltende Wachstumsverlangsamung so etwas wie eine „gefühlte Rezession“ darstellt. Eine wirkliche Kontraktion der Wirtschaftsleistung wird sich nach unserem heutigen Kenntnisstand nicht einstellen.
Der private Konsum ist und bleibt der Anker für eine, wenn auch deutlich langsamer wachsende, amerikanische Wirtschaft. Ökonomen schätzen ein BIP-Wachstum in Q3 von 1,5% und etwa 1% in Q4. Die gebremste Gangart der US-Konjunktur hinterlässt bisher keine Spuren am Arbeitsmarkt, so dass das Verbrauchervertrauen stabil bleiben sollte. Unterstützung liefert auch die amerikanische Notenbank Fed mit zwei Zinssenkungen (im Juli und September) und der Erwartung, dass weitere geldpolitische Lockerungsmaßnahmen auf der Agenda stehen.
Die versöhnlichen Töne bei den aktuell laufenden Verhandlungen im amerikanisch-chinesischen Handelsstreit bringen zumindest eine psychologische Entlastung auch wenn die Substanz der Kompromisse in einem „Phase 1 – Agreement“ eher gering ausfallen wird.
Diese Gemengelage führte per Saldo zu kräftig gestiegenen Aktienkursen in Amerika. Wir sind der Auffassung, dass die Bewertungen nun deutlich zu hoch sind. Die Mehrzahl der Marktteilnehmer rechnet mit weiter steigenden Unternehmensgewinnen. Hier erscheint uns nicht unerhebliches Enttäuschungspotential vorhanden zu sein. Zusammen mit einer relativen Sorglosigkeit der Investoren sehen wir spürbare Rückschlagspotentiale für Aktien Richtung Jahresende.
Euroraum: weiterhin schwaches Wirtschaftswachstum
Der Wirtschaft im Euroraum gelingt es nicht, ein bis zwei Gänge höher zu schalten. Die weiterhin gedämpfte globale Konjunkturerwartung lastet auf der Exportwirtschaft. Nach wie vor ist es nur dem Dienstleistungssektor zu verdanken, dass ein einheitliches Abgleiten in die Rezession bisher vermieden werden konnte. Das verarbeitende Gewerbe steckt in der Krise fest und es gibt wenig Anzeichen, dass sich dies in Kürze ändert. Insbesondere die deutsche und die italienische Wirtschaft durchlaufen ausgeprägte Schwächephasen, während Frankreich und Spanien die Wachstumsfahne hochhalten.
Die Europäische Zentralbank senkte im September den Einlagenzinssatz um 10 Basispunkte auf -0,5%. Das Anleihekaufprogramm wird ab November im Umfang von 20 Milliarden Euro pro Monat wieder aufgenommen. Am 1. November 2019 wird Christine Lagarde Mario Draghi an der Spitze der Zentralbank beerben. Die meisten Marktteilnehmer erwarten von ihr eine Fortsetzung der ultralockeren Geldpolitik im Euroraum. Frau Lagarde wird ihre eigene Handschrift an der Spitze der EZB entwickeln. Ein schneller Kurswechsel scheint dabei sehr unwahrscheinlich.
Es bleibt dabei, dass sich die Aktienbewertungen in Europa deutlich moderater als in Amerika darstellen. Dies manifestierte sich in den zurückliegenden Wochen in einer etwas besseren Wertentwicklung europäischer Aktien im Vergleich zu amerikanischen Aktien. Allerdings wird sich der europäische Aktienmarkt einer von uns erwarteten Korrektur an den amerikanischen Börsen nicht entziehen können.
Japan: die Mehrwertsteuererhöhung verläuft in geordneten Bahnen
Zum 01. Oktober wurde in Japan die Mehrwertsteuer von 8 auf 10 Prozent erhöht. Mit einer Reihe von flankierenden Maßnahmen gelang es der Regierung in enger Zusammenarbeit mit den Unternehmen einen zu starken Konsumboom vor der Steuererhöhung und einen Nachfrageeinbruch nach der Steuererhöhung zu vermeiden. Dennoch dürfte die Inlandsnachfrage im vierten Quartal 2019 verhalten laufen und das Wirtschaftswachstum belasten.
Die japanische Wirtschaft leidet unter der Schwäche des Welthandels und der schwelende Streit mit Südkorea in der Frage um Entschädigungen ehemaliger koreanischer Zwangsarbeiter, der mittlerweile auch Einfluss auf die wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Länder nimmt, stellt sich als zusätzliche Belastung dar.
Emerging Markets: Chinas Konjunktur ohne Dynamik
Wir sehen uns in unserer Einschätzung bestätigt, dass Chinas Wirtschaft in diesem Jahr mit einer geringeren Dynamik wachsen wird. Daran werden auch moderatere Töne im Handelskrieg mit Amerika nichts ändern. Die chinesische Staatsführung ist nicht bereit, mit einer deutlichen Schuldenausweitung ein konjunkturelles Strohfeuer zu entfachen. Dies ist nicht im Sinne der langfristigen strategischen Planung der Regierung. Der seit Jahren vorangetriebene Transformationsprozess von der „Werkbank der Welt“ hin zu einer Volkswirtschaft mit einer starken Binnenkonjunktur ist sehr weit fortgeschritten. Mittlerweile werden mehr als 70 Prozent des chinesischen BIP aus dem Inland generiert. Die chinesischen Konsumenten können von der Staatsführung nicht so einfach beeinflusst werden, wie es früher im Bereich des produzierenden Gewerbes gelang die Wirtschaft anzuschieben. Der chinesische Aktienmarkt befindet sich aktuell in einer Seitwärtsbewegung. Schwächere Kurse Richtung Jahresende sehen wir als erneute Kaufgelegenheit.
Der brasilianische Aktienmarkt bleibt eine der positiven Überraschungen des Jahres. Präsident Jair Bolsonaro gelang es vor wenigen Tagen die Rentenreform, eines der zentralen wirtschaftspolitischen Wahlversprechen, mit großer Mehrheit durch den Kongress zu bringen. Die Reform wird über zehn Jahre eine Entlastung der Staatsausgaben in Höhe von 175 Milliarden Euro bringen. Allerdings erwarten wir nicht, dass damit der Startschuss für eine Welle von Reformvorhaben gefallen ist. Der Aktienmarkt erscheint uns nun doch erheblich korrekturgefährdet.
Auch in Indien reüssiert der Aktienmarkt weiterhin. Präsident Modi setzt auf die Reformkarte. Hierbei entwickelte er eine große Beharrlichkeit, wohl wissend, dass die größte Demokratie der Erde nicht für Reformquantensprünge zu gewinnen ist. Die indische Notenbank flankiert die Wirtschaftsentwicklung mit einer Reihe von Zinssenkungen. Wir wollten etwaige Korrekturen des indischen Aktienmarktes für Käufe nutzen. Bisher gab uns der Markt keine günstige Kaufgelegenheit, so dass wir noch immer an der Seitenlinie stehen. Wir erachten die indische Volkswirtschaft weiterhin für attraktiv und werden eine veritable Einstiegschance zu nutzen versuchen.
Der russische Aktienmarkt trotzt dem schwachen Ölpreis und zeigt weiterhin eine gute Performance. Die jüngsten militärischen und politischen Entspannungssignale aus der Ostukraine nähren die Hoffnung, dass die Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland alsbald auf den Prüfstand kommen könnten.
Kurzüberblick über die wichtigsten Märkte:
Vorwoche |
Veränderungen* | Kurs heute 16:20 Uhr |
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DAX: | 12.874 | +0,71 % | 12.965 |
Euro Stoxx 50: | 3.619 | +0,17 % | 3.625 |
S&P 500: | 3.019 | +1,36% | 3.060 |
Nikkei 225: | 22.800 | +0,44 % | 22.850 (Schluss heute) |
* VERÄNDERUNG ZUM VORWOCHEN FREITAGS SCHLUSSKURS
Rendite 10 jährige Bundesanleihen:
-0,396 % p.a.
Volatilitätsindex (CBOE Volatility Index)
Die Volatilität (CBOE Volatility Index) schwankte diese Woche zwischen 12,25 und 14,00 Punkten.